Experteninterview: Wer oder was genau bestimmt den Strompreis?

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An der deutschen Strombörse EEX wird mit Strom gehandelt. Diesen kaufen Energieversorger, wie Brillant Energie, kurz- oder langfristig ein und geben ihn zu bestimmten Konditionen an ihre Kundinnen und Kunden weiter. Der Strompreis an der Börse schwankt viertelstündlich. Bei dynamischen Stromtarifen bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher diese Schwankungen 1:1 über den Arbeitspreis weitergegeben und zahlen pro Viertelstunde daher immer einen anderen Strompreis. Innerhalb von preisstabilen Stromtarifen hingegen zahlen Kundinnen und Kunden einen festen Energiepreis über einen längeren Zeitraum, also 12 oder 24 Monate. Erst nach diesem festgelegten Zeitraum, der Erstvertragslaufzeit, wird Verbraucherinnen und Verbrauchern ein neuer Strompreis mitgeteilt.
Doch was genau bestimmt den Strompreis an der Börse und in den Tarifangeboten der Energieanbieter? Michael Dathe, energiewirtschaftlicher Analyst für Brillant Energie und Stadtwerke Leipzig, beantwortet die wichtigsten Fragen dazu in unserem Experteninterview. 

Fragen und Antworten zu Stromhandel und Strompreis

 

 

Wie entsteht der Preis an der deutschen Strombörse? Welche Mechanismen bestimmen ihn? 

Michael: „Der Preis an der deutschen Strombörse EEX wird durch das Merit-Order-Prinzip bestimmt, das hauptsächlich auf dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage basiert. Dabei werden die stromerzeugenden Kraftwerke nach ihren Grenzkosten, also den Kosten für die Erzeugung einer zusätzlichen Einheit Strom, geordnet. Die günstigsten Kraftwerke – das sind vor allem Wind- und Solar-Anlagen – werden zuerst eingesetzt. Reichen erneuerbare Energieformen nicht aus, um die Nachfrage zu decken, wird mit Kohle-, Atom- und Gaskraftwerken weitere Energie bereitgestellt. Das letzte noch benötigte, teuerste Kraftwerk bestimmt den Preis für alle Anbieter.“ 
  

Du sagst, Wind- und Solar-Anlagen werden zuerst eingesetzt. Wie stark und wie genau beeinflussen erneuerbare Energien dann die Preisentwicklung am Strommarkt? 

„Erneuerbare Energien haben einen erheblichen Einfluss auf die Preisentwicklung am deutschen Strommarkt. Sie haben sehr niedrige Grenzkosten, da sie keine Brennstoffkosten verursachen. Das bedeutet, dass sie in der Merit-Order ganz oben stehen und zuerst eingesetzt werden. Langfristig führt das zu sinkenden Preisen, da die teureren fossilen Kraftwerke aus der Merit-Order verdrängt werden. Kurzfristig können die Preise aufgrund von wechselnden Wetterbedingungen stark schwanken.“
 

Was sind negative Strompreise und wie entstehen sie? 

„Negative Strompreise treten auf, wenn das Angebot an Strom die Nachfrage übersteigt. Das kommt vor allem bei besonders starkem Wind oder intensiver Sonneneinstrahlung vor, was zu einer Strom-Überproduktion führt. Auch geringer Stromverbrauch, wie es regelmäßig an Wochenenden und Feiertagen oder in den Nachtstunden zu beobachten ist, kann dazu beitragen, dass die Preise negativ werden. Das bedeutet, dass Stromerzeuger Geld zahlen müssen, um ihren Strom ins Netz einzuspeisen, anstatt Erlöse zu erzielen.“ 
 

Inwiefern beeinflussen geopolitische Ereignisse oder wirtschaftliche Entwicklungen die Strompreise? 

„Geopolitische Ereignisse und wirtschaftliche Entwicklungen haben weitreichende Auswirkungen auf die Strompreise. Geopolitische Spannungen, wie Konflikte im Nahen Osten, können die Preise für fossile Brennstoffe wie Öl und Gas in die Höhe treiben. Da viele Kraftwerke auf diese Brennstoffe angewiesen sind, führen steigende Rohstoffpreise oft zu höheren Strompreisen. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China kann z.B. zu sinkenden Preisen von US-LNG für Europa führen, da mit China ein großer Wettbewerber temporär ausscheidet. Wirtschaftliche Krisen oder Rezessionen können die Nachfrage nach Strom senken, was zu Preisrückgängen führt. Gleichzeitig können wirtschaftliche Unsicherheiten Investitionen in die Energieinfrastruktur hemmen, was langfristig die Preise erhöht. Insgesamt sind die Strompreise stark von globalen und regionalen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen abhängig. Diese Faktoren können sowohl kurzfristige Schwankungen als auch langfristige Trends beeinflussen. 
 

Welche Strategien verfolgen Energieversorger, um Preisrisiken zu minimieren? 

„Energieversorger nutzen verschiedene Strategien, um Preisrisiken zu minimieren und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Ein wesentlicher Ansatz ist die langfristige Beschaffung. Dabei werden Tranchen teilweise über mehrere Jahre im Voraus eingedeckt. Dies hilft, Preisschwankungen zu reduzieren und eine stabile Preisgestaltung zu gewährleisten. Ein weiterer Aspekt ist die vorausschauende Planung. Dabei geht es um eine möglichst genaue Verbrauchsprognose, unter anderem unter Berücksichtigung von Wetterdaten.“
 

Wie können Kundinnen und Kunden von negativen Strompreisen profitieren? 

„Unsere Kundinnen und Kunden können beim dynamischen Stromtarif von negativen Preisen profitieren. Die Abrechnung erfolgt auf Basis von Day-Ahead-Preisen, also viertelstundengenauen Preisen für den nächsten Tag. Da die Preise untertägig teilweise um mehrere hundert Euro schwanken können, sollten Nutzerinnen und Nutzer über möglichst viele flexible Stromabnehmer verfügen. Dazu gehören Wärmepumpen, Batteriespeicher und Elektroautos. Durch den Einsatz eines Smart Meters wird der Stromverbrauch viertelstundengenau erfasst. Home Energy Management Systeme helfen, den Verbrauch zu optimieren und im Idealfall in die günstigsten Stunden des Tages zu verschieben.“
 

Bei den ständig wechselnden Preisen beim dynamischen Tarif: Wie behalten Verbraucherinnen und Verbraucher den Überblick über Preise, Kosten und Verbräuche? 

„Hat man sich bei uns für einen dynamischen Stromtarif entschieden, kann man sich im Online-Kundenportal und in der Brillant-App einen Tag im Voraus die Viertelstundenpreise für den Folgetag anschauen. So kann man seinen Verbrauch bewusster planen und hohe Stromverbräuche auf Zeiträume legen, in denen der Arbeitspreis pro Kilowattstunde besonders niedrig ist. Im Kundenportal kann man dann auch seine Verbräuche und Kosten einsehen. Zudem bekommt man monatlich eine Rechnung von uns.“ 
 

Vielen Dank, Michael.

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